🖤🤍 Die helle & die dunkle Seite der Angst

Obwohl Angst in vielen Situationen nützlich ist, kann sie auch problematisch werden, wenn sie übermäßig oder unangemessen ist.
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Normalerweise ist Angst eine natürliche und gesunde Emotion, die Menschen in gefährlichen oder stressigen Situationen dazu anregt, sich zu schützen oder Vorsicht walten zu lassen. Sie kann als eine Art Alarmsystem des Körpers dienen, um auf potenzielle Gefahren zu reagieren.

Die meisten Menschen erleben von Zeit zu Zeit Ängste oder Sorgen, sei es vor Prüfungen, in sozialen Situationen oder vor neuen Erfahrungen. Diese normalen Ängste sind in der Regel vorübergehend und können im Laufe der Zeit abnehmen, wenn die stressige Situation vorbei ist.

Obwohl Angst in vielen Situationen nützlich ist, kann sie auch problematisch werden, wenn sie übermäßig oder unangemessen ist, wie bei Angststörungen. In diesen Fällen kann die Angst das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen und professionelle Unterstützung erfordern, um sie zu bewältigen.

Die helle Seite der Angst

Angst ist eine natürliche und evolutionäre Emotion, die in bestimmten Situationen einen wichtigen Zweck erfüllt. 

Sie hat mehrere nützliche Funktionen:

Angst kann als eine Art Frühwarnsystem dienen, das den Körper auf mögliche Gefahren vorbereitet. Wenn eine Person eine bedrohliche Situation wahrnimmt, beispielsweise die Anwesenheit eines Raubtiers oder eine lebensbedrohliche Situation, tritt die Angst in Aktion. Sie erhöht die Aufmerksamkeit und Bereitschaft zur Flucht oder zur Verteidigung und mobilisiert die körperlichen Ressourcen, um schneller reagieren zu können.

Angst kann Menschen dazu veranlassen, vorsichtiger und achtsamer zu sein. Zum Beispiel kann die Angst vor Verletzungen dazu führen, dass man bei riskanten Aktivitäten wie Klettern oder Fahren langsamer und vorsichtiger vorgeht.

Angst kann das Lernen von gefährlichen oder unangenehmen Erfahrungen fördern. Wenn eine Person eine unangenehme Situation erlebt hat, die Angst ausgelöst hat, wird sie sich wahrscheinlich daran erinnern und zukünftige ähnliche Situationen vermeiden, um sich zu schützen.

In sozialen Gruppen kann Angst als soziale Emotion dazu beitragen, dass Menschen enger zusammenrücken und sich gegenseitig unterstützen. In Gefahrensituationen kann Angst dazu führen, dass Menschen sich zusammentun, um gemeinsam besser gegen Bedrohungen vorgehen zu können.

Angst kann auch dazu beitragen, dass Menschen Probleme aktiv angehen und Lösungen suchen, um die Ursache ihrer Angst zu bewältigen. Dies kann in nicht lebensbedrohlichen Situationen dazu führen, dass Menschen Maßnahmen ergreifen, um die Quelle ihrer Ängste zu reduzieren oder zu beseitigen.

Die dunkle Seite der Angst

Krankhafte Angst unterscheidet sich von normaler Angst in mehreren wesentlichen Aspekten:

Menschen mit Angststörungen erleben oft eine übermäßige und unangemessene Intensität von Angstgefühlen. Diese Ängste können übermäßig stark sein, selbst wenn es keine offensichtliche Bedrohung gibt.

Während normale Ängste vorübergehend sind und nach der Bewältigung der Stresssituation abklingen, können Angststörungen über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben. Sie können Wochen, Monate oder sogar Jahre dauern.

Angststörungen können das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen. Sie können dazu führen, dass Menschen bestimmte Aktivitäten vermeiden, Beziehungen leiden und die berufliche oder schulische Leistung negativ beeinflusst wird.

Menschen mit Angststörungen haben oft Schwierigkeiten, ihre Ängste zu kontrollieren oder zu beruhigen. Diese Ängste können unvorhersehbar auftreten und sich schwer kontrollieren lassen.

Angststörungen gehen häufig mit körperlichen Symptomen einher, wie zum Beispiel Herzrasen, Schweißausbrüchen, Zittern, Übelkeit und Muskelspannung. Diese körperlichen Reaktionen können die Angst verstärken.

Verschiedene Arten von Angststörungen erfordern oft eine professionelle Behandlung, die psychotherapeutische Ansätze wie kognitive Verhaltenstherapie und in einigen Fällen auch Medikamente umfassen kann. Ängste entstehen z.B. auch bei einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) oder im Rahmen einer Psychose bei Depressionen oder Schizophrenien. 

Lassen Sie sich neurologisch, psychiatrisch und psychologisch abchecken, um eine klare Diagnose und damit auch die richtige Behandlung zu erhalten. 

Phobien vs. andere Ängste

Oft können Menschen klar sagen, wovor sie Angst haben, manchmal ist es gar nicht so leicht. Phobien werden anderen Angststörungen unterschieden, weil sie unterschiedliche Herangehensweisen erfordern, um gelindert oder geheilt werden zu können.

Phobien

Als Phobien werden andauernde, übersteigerte und unbegründete Ängste vor einem bestimmten Reiz oder Zustand und dessen Vermeidung bezeichnet. Beispiele:

  • Agoraphobie: Angst vor Menschenmengen, öffentlichen Plätzen, allein Reisen oder mit weiter Entfernung
  • soziale Phobie: Angst im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen und sich peinlich oder erniedrigend zu verhalten
  • Achimophobie: Angst vor Spritzen
  • Akrophobie: Höhenangst
  • Tierphobien, z.B. Angst vor Spinnen (Arachnophobie)
  • Klaustrophobie: Höhlenangsst, Angst vor engen / geschlossenen Räumen
  • Aviophobie: Flugangst
  • Examensangst

weitere Angststörungen

Störende Ängste, die nicht eindeutig auf ein auslösendes Objekt oder eine Situation zurückzuführen sind, z.B.

  • Panikstörung
  • generalisierte Angststörung
  • Angst und depressive Störung gemischt

Wenn Ängste die Kontrolle übernehmen, also unser Denken, Fühlen und Handeln, dann können weitere Krankheiten entstehen, wie Zwangsstörungen, dissoziative oder somatoforme Störungen.

Und es ist auch bekannt, dass Angststörungen häufig in Depressionen übergehen oder mit Suchterkrankungen einhergehen.

Was zuerst da war ist ebenfalls ausschlaggebend für den Ablauf und Erfolg einer Therapie.

 

Entweder entspannt oder ängstlich, beides geht nicht

Ein Pionier der Verhaltenstherapie, Joseph Wolpe (1915-1997) hatte erkannt, dass kein Mensch fähig ist, zwei widersprüchliche Gefühlszustände gleichzeitig zu erleben.

Es ist z.B. unmöglich, große Angst zu empfinden und gleichzeitig dabei sehr entspannt zu sein.

Das Prinzip nennt sich „reziproke Hemmung“ genannt und wird von unserem Körper an vielen Stellen genutzt, auch z.B. um Bewegungen und Reflexe präziser zu steuern.

Die Psychotherapie macht sich das zu Nutze, indem sie Methoden und Techniken zur Entspannung einsetzt, z.B. progressive Muskelentspannung, Atemübungen, autogenes Training, Meditation, Yoga, etc.

um anschließend im entspannten Zustand die Betroffenen

  • mit den angstauslösenden Reizen konfrontieren und systematisch desensibilisieren zu können
  • bzw. mithilfe der kognitiven Verhaltenstherapie ein Umdenken und Umlernen der dysfunktionalen Gedanken zu unterstützen  

Der Angst den Schrecken nehmen

Diffuse Ängste sind Ängste, die wir kaum benennen können und die oft wenig logisch erscheinen. 

Gerade sie haben das Zeug dazu, die Kontrolle über uns, also über unser Fühlen, Denken und Handeln zu übernehmen und uns krank zu machen. 

Beispiele für diffuse Ängste:

  • Angst, die Kontrolle zu verlieren
  • Angst, sich das Leben nicht mehr leisten zu können
  • Angst, sozial oder wirtschaftlich abzurutschen
  • Angst, dass etwas NICHT funktionieren wird
  • Angst, dass alles den Bach heruntergeht
  • Angst, im Stich gelassen zu werden
  • Angst, alles zu verlieren
  • Angst, wie es werden wird
  • etc.
Diese Ängste versperren uns den Blick auf die Realität und können uns handlungsunfähig machen oder panisch reagieren lassen. 
 
Wenn wir anderen Menschen mit ähnlichen Ängsten begegnen, können sie sich bestätigen und verstärken. Es entsteht die Angst vor der Angst.

Wie sich das, was Sie sehen und denken auf ihre Angst auswirkt, können Sie ganz einfach überprüfen.

  1. Überlegen Sie, wovor Sie sich fürchten
  2. Suchen Sie im Internet nach Beweisen
  3. Fühlen Sie, wie sich die Angst entwickelt

Und jetzt drehen wir das ganze einmal um

  1. Überlegen Sie jetzt, wie es ist, wenn ihre Angst im Unrecht wäre, also wenn etwas gut ausgeht
  2. Suchen Sie nach Beispielen im Internet, die das beweisen
  3. Wie fühlen Sie sich jetzt? Überrascht, irritiert, skeptisch oder erleichtert?
Im Beitrag von ARTE „Was, wenn es keine Angst gäbe“ erklärt der Neurowissenschaftler, Joseph Ledoux, wie unser Denken unsere Gefühle beeinflusst.

Mit Ängsten umzugehen, also wieder die Kontrolle darüber zu haben, was man denkt, fühlt und wie man handelt, kann erlernt werden. Dafür werden angstauslösende Gedanken und Bilder z.B. im Rahmen einer kognitiven Verhaltenstherapie so bearbeitet, dass sie nach und nach ihren Schrecken verlieren.

Und die gute Nachricht ist: Das geht ist bis ins hohe Alter möglich!
 

Zusammenfassung

Angst ist ein Gefühl, das wie Wut, Traurigkeit, Scham und Freude zum Menschsein dazugehört. Wovor wir uns manchmal fürchten, ist gar nicht so klar und kann sehr viele unterschiedliche Ursachen haben.

Sobald wir oder andere darunter leiden, weil wir uns vor bestimmten Situationen oder Objekten so sehr fürchten, dass wir sie vermeiden, zwanghaftes Denken oder Verhalten entwickeln, nur noch schwarz/weiß sehen, Panikattacken, depressiv oder paranoid werden, Schmerzen oder anderen körperliche Symptome entwickeln, ist es Zeit, sich professionelle Hilfe zu suchen.

Niemand muss unter der Angst leiden. Es gibt viele Möglichkeiten und Wege um angstfreier zu leben.

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