😶😱 Angst vor Stillstand & Stagnation

Diese Angst beschreibt die Sorge, dass Dinge unverändert bleiben oder dass keine Fortschritte im Leben stattfinden.
withered dirty house with shut windows

In der letzten Zeit höre ich immer wieder Menschen, die schon fast verzweifelt sind, weil sie den Eindruck haben, dass nichts vorangeht oder nicht schnell genug. Sie reden von Menschen, die an die Macht wollen, um das Rad zurückdrehen und die Errungenschaften der letzten Jahre und Jahrzehnte zunichte zu machen.

Als Diversity und NewWork Aktivist in einem Großkonzern kollidierte ich häufig mit der bestehenden Unternehmenskultur.

Ich erinnere mich, wie sehr ich darunter litt, dass so viele Menschen sich verzweifelt am Althergebrachten festklammerten, aus Angst vor dem Neuen oder aus Sorge, als Verlierer in der neuen Ordnung dazustehen.

Es war eine erhebliche Herausforderung, bei der ich gelernt habe, wie wichtig es ist, den Wandel weiter voranzutreiben, auch wenn er auf Widerstand stößt, um eine bessere und inklusivere Zukunft zu gestalten.

Und auch ich spürte oft diese Angst vor dem Fehlen von Veränderung und Fortschritt oder dem totalen Stillstand trieb mich und ließ mich teilweise nachts auch nicht mehr schlafen.

Wenn ich heute mit Menschen spreche, die aktiv Veränderung vorantreiben oder ihre Beiträge auf Social Media lese, dann erkenne ich häufig genau diese Sorge, dass Dinge unverändert bleiben oder dass keine Fortschritte im (Arbeits-)Leben stattfinden.

Was geschieht bei Veränderung?

In meinen Vorlesungen habe ich die Diffusionstheorie des amerikanischen Kommunikationswissenschaftlers Everett M. Rogers besprochen, um zu erklären, wie sich Innovationen, Ideen, Technologien und neuen Verhaltensweisen in einer Gesellschaft oder einer sozialen Gruppe verbreiten.

Die Theorie basiert auf der Annahme, dass die Verbreitung eines neuen Konzepts oder Produkts nicht gleichmäßig geschieht, sondern in einem bestimmten Muster verläuft. Die Diffusionstheorie besteht aus verschiedenen Elementen, darunter:

  1. Innovatoren: Dies sind die ersten Menschen, die eine Innovation annehmen. Sie sind bereit, Risiken einzugehen, neue Ideen auszuprobieren und die Vorreiter für Veränderungen.

  2. Frühe Adopter: Diese Gruppe folgt den Innovatoren und übernimmt Innovationen relativ früh. Sie sind in der Regel angesehen und spielen eine wichtige Rolle bei der Beeinflussung anderer.

  3. Frühe Mehrheit: Dies sind die Menschen, die Innovationen übernehmen, bevor die Mehrheit es tut. Sie sind eher vorsichtig und warten darauf, dass die Technologie oder das Konzept sich bewährt.

  4. Späte Mehrheit: Die Mitglieder dieser Gruppe sind skeptisch gegenüber Veränderungen und übernehmen Innovationen erst, wenn sie bereits weit verbreitet sind.

  5. Nachzügler: Dies sind die letzten, die Innovationen übernehmen. Sie sind oft traditionsbewusst und widerstehen Veränderungen.

Quelle: www.startworks.de

Oder das Modell nach Dietmar Vahs für Change Management und Unternehmensführung (Quelle: http://www.online-lehrbuch-bwl.de)

Diese kleine Schlüsselgruppe hat die Ziele und Maßnahmen des geplanten Wandels mit erarbeitet. Sie sind deshalb überzeugt, dass die Veränderungen richtig und für das Unternehmen wichtig sind. Als „Missionare“ versuchen sie, die übrigen Mitarbeiter vom Erfolg des Wandels zu überzeugen und sie aktiv in den Veränderungsprozess einzubinden.

Die „aktiven Gläubigen“ sind von der Notwendigkeit und vom Erfolg des bevorstehenden Wandels überzeugt und sind bereit, aktiv mitzuarbeiten.

Ein Opportunist ist nach Wilhelm Busch ein „Jenachdemer“: Er überlegt zuerst, welche Vor- und Nachteile er persönlich von den Veränderungen erwarten kann. Ihren Vorgesetzten gegenüber äußern sich die Opportunisten meist positiv über den bevorstehenden Wandel („richtig“, „schon lange überfällig“, „gut geplant“, …), gegenüber ihren Kollegen und Mitarbeitern verhalten sie sich dagegen eher skeptisch („wenn das mal gut geht …“).

Die „Abwartenden und Gleichgültigen“ bilden meist die Mehrheit im Unternehmen. Ihre Bereitschaft, sich aktiv am Wandel zu beteiligen ist sehr gering. („Das haben wir doch schon öfter gehabt und am Ende ist doch alles beim Alten geblieben“)
Diese Gruppe lässt sich erst dann zur aktiven Mitarbeit motivieren, wenn der Veränderungsprozess spürbare Erfolge zeigt.

Die Untergrundkämpfer leisten verdeckten Widerstand gegen die Neuerungen: Sie streuen Gerüchte und machen Stimmung gegen den Wandel.

Diese Gruppe lässt sich erst dann zur aktiven Mitarbeit motivieren, wenn der Veränderungsprozess spürbare Erfolge zeigt.

Diese Mitarbeiter zeigen offen, dass sie gegen die geplanten Veränderungen sind: Sie sind überzeugt, dass die getroffenen Entscheidungen falsch sind und die Art des Wandels nicht zum erwünschten Ziel führt. Ihre Kritik ist jedoch meist konstruktiv und kann den Veränderungsprozess positiv beeinflussen.

Eine kleine Gruppe der Mitarbeiter entschließt sich, den Wandel nicht mitzutragen und das Unternehmen zu verlassen. Es sind überwiegend Leistungsträger, die dort nach dem Wandel keine ausreichenden Perspektiven mehr für sich sehen.

Quelle: www.online-lehrbuch-bwl.de, vlg. Vahs: Organisation, S. 291

Was hätte mir damals geholfen?

Verständnis und Empathie für meine Situation, Zuspruch auf dem richtigen Weg zu sein und Unterstützung beim Sehen und Erkennen von den Dingen, die schon passiert sind und gerade passieren.

Zum Anderen hätte mir auch das Verständnis geholfen, dass das völlig NORMAL ist, was da passiert. Dass wir Menschen so sind und dass Veränderung so funktioniert. Das könnten viele, die Veränderungen vorantreiben wollen, besser erklären.

Sie braucht Zeit, bis auch die allerletzten merken, was sie persönlich davon haben oder zumindest merken, dass sie nichts zu befürchten haben und es akzeptieren können oder auch nicht. Und das verlangt von denen, die Veränderung vorantreiben, viel Geduld und Energie. 

Gründer*innen wissen, was ich damit meine: 

„Wenn Sie die Leute gefragt hätten, was sie wollten, hätten sie schnellere Pferde gesagt.“

Nahezu alle Menschen erkennen den Mehrwert einer Neuerung dadurch, wenn

  • sie es sich vorstellen können,
  • sie unmittelbar etwas davon haben,
  • jemand, dem sie vertrauen, es befürwortet,
  • oder weil sie es selbst ausprobiert und positive Erfahrungen gemacht haben

WICHTIG: Es gibt auch heute noch Menschen, die Maschinen und Autos ablehnen. Nicht jeder Mensch muss ein „Befürworter“ sein und nicht jede Erfindung ist ein Smartphone, welches übrigens auch von einigen Menschen abgelehnt wird.

Fazit

Die Angst vor Stillstand und Stagnation ist somit das Gegenstück zur Angst vor Veränderung. In sozialen Systemen und Gruppen, in denen nicht über Angst gesprochen wird und die keinen Umgang mit der Angst entwickelt haben, können diese Ängste parallel auftreten und in gegenseitigen Beschuldigungen und Kämpfen enden.

Um mit dieser Art von Angst umzugehen, kann es hilfreich sein, sich selbst klare Ziele zu setzen, einen Plan zur persönlichen Entwicklung zu erstellen und professionelle Hilfe in Form von Coaching oder Beratung in Betracht zu ziehen, um Unterstützung bei der Bewältigung dieser Ängste und der Erreichung von Veränderungen zu erhalten.

Wenn diese Ängste das tägliche Leben stark beeinträchtigen, kann die Hilfe von Psychotherpeut*innen, Psychiatern oder Heilpraktikern für Psychotherapie in Betracht gezogen werden, um geeignete Behandlungsoptionen zu erkunden. 

Weiterführende Links

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