Verhaltenstherapie

Verhaltenstherapie ist eine formale, strukturierte Art der Psychotherapie, die auf dem Prinzip beruht, dass ungesundes Verhalten erlernt ist und durch neue, gesunde Verhaltensweisen ersetzt werden kann. Sie ist darauf ausgerichtet, spezifische Probleme anzugehen und konkrete Lösungen zu finden.
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"Wenn Dich etwas stört oder belastet, dann versuche es zu ändern. Wenn Du es nicht ändern kannst, dann akzeptiere es."

Therapie

Die (kognitive) Verhaltenstherapie ist ein psychotherapeutischer Ansatz, der sich auf das Verhalten des Individuums und die Umgebung konzentriert, in der dieses Verhalten auftritt. Sie basiert auf der Annahme, dass Verhalten erlernt ist und daher auch verändert werden kann. 

Die Verhaltenstherapie zielt darauf ab, unerwünschte Verhaltensweisen zu identifizieren und zu modifizieren, um psychische Gesundheitsprobleme und Beschwerden zu behandeln und die Lebensqualität zu verbessern. 

ABCDE Modell nach Albert Ellis

Die bedeutendsten Gründer und Vertreter der Verhaltenstherapie sind Ivan Pavlov, John B. Watson, B.F. Skinner, Joseph Wolpe, Aaron T. Beck und Albert Ellis, die durch ihre Arbeit zur Entwicklung und Integration von Verhaltens- und kognitiven Aspekten in die Psychotherapie wesentlich beigetragen haben.

Schlüsselprinzipien

Hier sind einige wichtige Prinzipien der Verhaltenstherapie:

In der Verhaltenstherapie wird angenommen, dass das Verhalten eines Menschen aufgrund seiner Erfahrungen und der Konsequenzen seines Verhaltens geformt wird. Das bedeutet, dass problematische Verhaltensweisen erworben und durch neue Erfahrungen und Lernprozesse geändert werden können.

Die Therapie konzentriert sich auf die Analyse der Konsequenzen des Verhaltens. Positive Konsequenzen (Belohnungen) verstärken Verhalten, während negative Konsequenzen (Bestrafungen) Verhalten hemmen. Die Verhaltenstherapie zielt darauf ab, positives Verhalten zu fördern und negatives Verhalten zu verringern.

Dies ist eine Technik in der Verhaltenstherapie, die bei der Behandlung von Ängsten und Phobien verwendet wird. Sie beinhaltet die schrittweise Exposition gegenüber der angstauslösenden Situation, um die Angstreaktion abzuschwächen.

 

In Verhaltenstherapie werden häufig Experimente eingesetzt, um Verhaltensweisen und Überzeugungen zu testen. Dies hilft den Menschen, ihre Denkmuster zu überprüfen und ihre Ängste oder Vorurteile besser zu verstehen.

Klient*innen lernen, ihr eigenes Verhalten und ihre Gedanken zu beobachten und zu dokumentieren. Dies ermöglicht eine objektive Bewertung und eine bessere Einsicht in die Zusammenhänge zwischen Verhalten, Gedanken und Emotionen.

Hierbei handelt es sich um Methoden wie tiefe Atmung und progressive Muskelentspannung, die verwendet werden, um Stress und körperliche Anspannung zu reduzieren.

Dies ist eine Technik, die bei der Behandlung von Zwangsstörungen eingesetzt wird. Sie beinhaltet die kontrollierte Exposition gegenüber den Zwangsauslösern und das Verhindern der typischen Zwangsreaktionen, um die Angst und den Drang zu reduzieren.

Klient*innen erhalten oft „Hausaufgaben“, die Übungen oder Aufgaben außerhalb der Therapiesitzungen beinhalten. Dies soll helfen, neue Fähigkeiten im Alltag anzuwenden und zu festigen.

Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)

Die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) ist eine weit verbreitete Form der psychotherapeutischen Behandlung, die darauf abzielt, psychische Gesundheitsprobleme zu bewältigen, indem sie die Verbindung zwischen Gedanken, Gefühlen und Verhalten des Individuums untersucht und verändert.

„Nicht unsere Stimmungen prägen unsere Gedanken: Unsere Gedanken entscheiden über unsere Stimmungen.“

KVT basiert auf der Annahme, dass unsere Gedanken und Überzeugungen unsere Gefühle und Verhaltensweisen beeinflussen und dass diese Verbindung zur Veränderung genutzt werden kann.

Hier sind einige Schlüsselprinzipien der kognitiven Verhaltenstherapie:

  1. Kognitive Umstrukturierung: In der KVT lernen die Patienten, ihre negativen oder ungesunden Denkmuster zu identifizieren und zu hinterfragen. Dieser Prozess wird als „kognitive Umstrukturierung“ bezeichnet. Die Idee ist, verzerrte oder negative Denkmuster zu erkennen und diese durch realistischere und gesündere Gedanken zu ersetzen.

  2. Verhaltenstherapie: Neben der Arbeit an den Gedanken legt die KVT auch großen Wert auf die Verhaltensänderung. Die Therapie zielt darauf ab, ungesunde Verhaltensweisen zu identifizieren und zu modifizieren, um positive und gesunde Gewohnheiten zu fördern.

  3. Lernen von Bewältigungsstrategien: Klient*innen lernen, effektive Bewältigungsstrategien zu entwickeln, um mit Stress, Angst, Depression und anderen psychischen Gesundheitsproblemen umzugehen. Dies kann beinhalten, Techniken zur Stressbewältigung oder Problemlösung zu erlernen.

  4. Zielorientierung: KVT ist oft eine kurzzeitige Therapie und zielt darauf ab, konkrete Ziele zu erreichen. Die Therapie ist in der Regel strukturiert und auf die spezifischen Bedürfnisse des Patienten zugeschnitten.

  5. Eigenverantwortung: Ein wichtiger Aspekt der KVT ist die Förderung der Eigenverantwortung des Patienten für seine Gedanken, Gefühle und Handlungen. Dies soll Klient*innen dabei unterstützen, langfristig mit psychischen Belastungen umzugehen.

Typische "Denkfehler"

Aaron T. Beck ist einer der Begründer der KVT und hat eine Liste von Denkfehlern oder kognitiven Verzerrungen entwickelt, die in vielen psychischen Gesundheitsproblemen eine Rolle spielen können. 

Diese Denkfehler sind in der KVT als kognitive Verzerrungen bekannt und dienen dazu, negative Denkmuster und irrationalen Gedanken zu identifizieren und zu korrigieren. Hier sind einige der Denkfehler nach Aaron T. Beck:

Dieses Denken beinhaltet das Sehen von Situationen in extremen Kategorien ohne Berücksichtigung von Nuancen oder Zwischentönen. Entweder etwas ist perfekt oder ein völliges Versagen.

Hierbei werden allgemeine Schlussfolgerungen basierend auf einem einzelnen Ereignis oder einer begrenzten Anzahl von Ereignissen gezogen, ohne die Fülle von Möglichkeiten zu berücksichtigen. Zum Beispiel, wenn eine Person einmal in einer sozialen Situation nervös war, könnte sie daraus schließen, dass sie immer in sozialen Situationen versagen wird.

Dieser Denkfehler beinhaltet das Fokussieren auf negative Details oder Ereignisse und das Ignorieren positiver Aspekte oder Informationen.

Menschen machen oft voreilige negative Vorhersagen über zukünftige Ereignisse, die dazu führen können, dass sie sich ängstlich oder deprimiert fühlen.

Dies ist die Neigung, das schlimmstmögliche Ergebnis einer Situation anzunehmen, selbst wenn diese Möglichkeit extrem unwahrscheinlich ist.

Hierbei nehmen Menschen die Schuld oder Verantwortung für Dinge, die außerhalb ihrer Kontrolle liegen. Zum Beispiel, wenn sich jemand denkt, dass es seine Schuld ist, wenn es regnet, weil er geplant hatte, einen Ausflug zu machen.

Hierbei bewerten Menschen sich selbst oder andere ohne ausreichende Beweise oder Berücksichtigung von Kontext als „gut“ oder „schlecht“.

Menschen verwenden „sollte“, „müsste“ oder „darf nicht“ Aussagen, um unrealistische Erwartungen an sich selbst oder andere zu setzen, was zu Enttäuschung und Frustration führen kann.

Dieser Denkfehler tritt auf, wenn Menschen glauben, zu wissen, was andere über sie denken, ohne tatsächliche Beweise dafür zu haben.

Hierbei werden positive Ereignisse minimiert und negative Ereignisse maximiert, was zu einer verzerrten Wahrnehmung der Realität führt.

Dieser Denkfehler tritt auf, wenn Menschen ihre Gefühle als Beweis für die Richtigkeit einer Annahme oder Überzeugung anführen, ohne objektive Beweise zu berücksichtigen.

Diese und weitere Denkfehler werden in der Kognitiven Verhaltenstherapie verwendet, um dysfunktionale Gedankenmuster zu identifizieren und zu korrigieren. Dies kann dazu beitragen, negative Emotionen und Verhaltensweisen zu reduzieren und die psychische Gesundheit zu verbessern. Der Therapeut hilft dem Klienten, diese Denkfehler zu erkennen und realistischere und gesündere Denkmuster zu entwickeln.

Anwendung

Verhaltenstherapie und KVT wird erfolgreich bei einer Vielzahl von psychischen Gesundheitsproblemen angewendet, darunter Angststörungen, Depressionen, Zwangsstörungen, posttraumatische Belastungsstörungen, Essstörungen, Sucht und mehr. Sie kann in Einzel- oder Gruppensitzungen stattfinden und ist oft zeitlich begrenzt und zielorientiert. 

Die Wirksamkeit von Verhaltenstherapie und KVT ist gut erforscht und sie wird oft in Kombination mit anderen Therapieansätzen oder medikamentösen Behandlungen eingesetzt, je nach den individuellen Bedürfnissen der Klient*innen.

Wichtig

Die Verhaltenstherapie ist wirksam bei vielen psychischen Gesundheitsproblemen, aber es gibt Situationen, in denen sie weniger geeignet oder kontraindiziert sein kann, wie bei schweren psychotischen Störungen, mangelnder Kooperationsbereitschaft des Patienten, schweren kognitiven Beeinträchtigungen, Notfallzuständen, Suchtstörungen ohne Begleiterkrankungen und einer Geschichte von schwerem Missbrauch oder Trauma, es sei denn, der Therapeut ist spezialisiert auf Traumatherapie.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Entscheidung für oder gegen eine Verhaltenstherapie von vielen Faktoren abhängt, einschließlich der individuellen Bedürfnisse des Patienten, der Art der vorliegenden Störung und der klinischen Einschätzung des Therapeuten. Die Verhaltenstherapie kann auch in Kombination mit anderen Therapieformen oder medikamentösen Behandlungen verwendet werden, um die Bedürfnisse des Patienten bestmöglich zu erfüllen. Es ist ratsam, mit einem qualifizierten Therapeuten oder Psychiater Rücksprache zu halten, um die am besten geeignete Therapieoption zu ermitteln.

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